Gletscher über Altenberge
Ausdehnung des Gletschereises
Kommen wir noch einmal zur "Altenberger Kaltzeit", der Saale-Kaltzeit, zurück. In dieser ca. 200.000 Jahre dauernden Kälteperiode stieß das Eis bis zu der in der Abbildung gelb markierten Linie vor, der sogenannten Feuersteinlinie. Diese Linie ist die südliche Grenze, bis zu der Feuersteine gefunden werden. Das Eis hat die Feuersteine aus den Kreidesedimenten Dänemarks und der Ostsee mitgeschleppt und bis zu dieser Linie verfrachtet. Südlich davon findet man keine Feuersteine mehr. Die Feuersteinlinie markiert also die südliche Eisrandlage der Saale-Kaltzeit.
Abb.: Kaltzeiten in Norddeutschland, Gelbe Linie: Saale-Kaltzeit, Rote Linie: Weichsel-Kaltzeit, Quelle: M. Bräunlich (www.kristallin.de), (Stand 31.12.2013)
Vorstöße des Gletschereises nach Süden
Insgesamt drangen die Gletscher in drei Schüben unterschiedlich tief in die Westfälische Bucht vor.
Der 1. Vorstoß
Der erste Vorstoß brachte das Eis auf einer breiten Front nach Süden (linke Abb. unten). Die Gletscher bedeckten große Teile der Niederlande und des Münsterländer Kreidebeckens und stoppte etwa entlang der Line Kleve - Dortmund - Paderborn.
Der 2. Vorstoß
Der zweite Vorstoß bedeckte als südliche Begrenzung nur noch das Münsterländer Kreidebecken (mittlere Abb. unten). Die Grenze des Vorstoßes lag etwa auf der Line Bocholt - Recklinghausen - Lippstadt. Der Umfang dieses Eisvorstoßes reichte aber nicht mehr aus, um den Teutoburger Wald zu überdecken. Der Teutoburger Wald ist gut in der Abb. als gletscherfreie Zone erkennbar.
Der 3. Vorstoß
Der dritte Vorstoß führte noch einmal weiter nach Süden bis in das Gebiet der Ruhr (rechte Abb. unten). Das Eis überdeckte auch hier wieder das Münsterländer Kreidebecken, breitete sich aber nicht mehr über die westlichen und östlichen Ränder Richtung Niederlande oder Richtung Teutoburger Wald aus.
Abb.: V. l. n. r. Gletscher-Ausbreitung (weiß) in 3 aufeinander folgenden Schüben. Eisfreie Gebiete (hellgrau). Besondere Regionen (dunkelgrau): AH (Altenberger Höhen), Ba (Baumberge), BB (Beckumer Berge), Bo (Borkenberge); Ha (Die Haard bei Haltern); HM (Hohe Mark); Quelle: Skupin et al. (1993) [1993Skupin], Bild öffnen
Die Mächtigkeit des Gletschereises
Die Gletscher des Baltischen Eisschildes hatten im Münsterland noch eine Mächtigkeit von 200-300 m. Der Altenberger Kirchturm hätte sicher nicht mehr herausgeschaut. Altenberge war echt schlecht dran (Nordwalde auch). Im skandinavischen Zentrum des Schildes betrug die Eismächtigkeit etwa 3 km. Die Abbildung unten skizziert die Mächtigkeit des nordamerikanischen (oben) und des europäischen Eisschildes (unten).
Abb. links (unten): Verlauf der Gletscher-Mächtigkeit von Norwegen bis nach Norddeutschland (ca. 1500 km), Quelle: Klostermann J. (2009) [2009Klostermann] Bild öffnen
Abb. rechts: Karte von Nordeuropa, Pfeil: Eisschild-Länge von Norwegen bis nach Norddeutschland (ca. 1500 km), Quelle: Google Maps, Nachbearbeitung: Dr. H.-G. Hettwer (Stand 31.12.2013), Bild öffnen
Der untere Teil der Abb. links ist ein Nord-Süd-Schnitt durch den Eisschild von der westnorwegischen Küste Richtung Süden bis nach Norddeutschland. In der Abb. links oben ist zum Vergleich der gleiche Schnitt durch den nordamerikanischen Eisschild skizziert.
Mit dem Vorrücken des Eises nach Süden verschob sich die Eisscheide ebenfalls nach Süden, markiert durch die senkrechten Striche in der Abb. links unten. Nördlich der Eisscheide, der Stelle der mächtigsten Vereisung, die schließlich in Mittelschweden lag, flossen die Gletscher nach Norden, südlich der Eisscheide nach Süden. Durch diesen einfachen Zusammenhang können wir davon ausgehen, dass wir bei uns keine Geschiebe-Findlinge aus Nord-Schweden bei uns finden werden.
Die Herkunft der Findlinge aus dem Hohen Norden
Die Untersuchung der Herkunft von Findlingen (Geologen sprechen hier von Geschiebe) ist ein eigenständiges Themengebiet in der Geologie und Klimaforschung. Denn der Transport der Geschiebe während der Eiszeit kennzeichnet die Wege, auf denen die Gletscher aus dem Norden zu uns kamen. So gibt es in verschiedenen Ländern entlang der Ostsee Forschungsaktivitäten zu diesem Thema. In Deutschland befassen sich unter anderem die Universität Hamburg und die Universität Greifswald mit dem Thema Geschiebe. Darüber hinaus gibt es die Gesellschaft für Geschiebekunde (http://www.geschiebekunde.de), in der Wissenschaftler und Sammler ihre Aktivitäten bündeln. Die Untersuchung der Geschiebefunde hat für das Münsterländer Kreidebecken und speziell den Altenberger Höhenrücken bestätigt, dass die Funde aus den Regionen 1, 2, 6, 7, 10 stammen, siehe Abb. unten. Die Bestimmung erfolgt über Vergleich der Findlinge mit regional-typischen Gesteins- und Mineralarten, die unverwechselbar nur in bestimmten Gegenden vorkommen (hier Dänemark, Norwegen und Schweden). Die Tabelle mit Abb. unten gibt Aufschluss über die Herkunftsregionen dieser sogenannten geologischen Leitgeschiebe.
Abb. links: Einordnung der Geschiebe vom Altenberger Höhenrücken über die Leitgeschiebe-Zuordnung, Quelle: Speetzen E. u. Zandstra J.G. (2009), Elster- und Saale-Vereisung im Weser-Ems-Gebiet und ihre kristallinen Leitgeschiebegesellschaften [2009Speetzen]
Abb. rechts: Markierung der Herkunftsgebiete der Leitgeschiebe, Quelle: Speetzen E. u. Zandstra J.G. (2009) [2009Speetzen], Bild öffnen
Die Geschiebefunde vom Altenberger Höhenrücken konnten den folgenden Herkunftsregionen zugeordnet werden:
- Region 1 & 2 (grau)
- Region 6 (magenta)
- Region 7 (blau)
- Region 10 (grün)
Die Alterszuordnung der Geschiebefunde
Betrachtet man das Alter der Geschiebe, so ist die geologische Übersichtskarte des Baltischen Schildes hilfreich (siehe Abb. unten). Danach liegen die ältesten Gesteine im Norden auf der Halbinsel Kola, also im Nordwesten Russlands an der finnischen Grenze. Sie sind zwischen 2,5 und 3,5 Milliarden Jahre (Ga) alt. Von dort ausgehend wuchs der baltische Kontinent in südwestlicher Richtung durch Kollisionen mit anderen Lithosphärenplatten. Folgerichtig sinkt das Alter der Gesteine von NO nach SW. Die in Altenberge gefundenen Gesteine stammen überwiegend aus Mittel- und Südschweden und aus der Ostsee, sie sind also ca. 1,7-1,9 Ga alt, also fast halb so alt wie die Erde selbst (4,56 Ga).
Abb.: Das Alter der Geschiebe vom Altenberger Rücken in deren Herkunftsgebieten (Angaben in Mrd. J. (Ga)), Quelle: www.kristallin.de (Stand 1.5.2014), Bild öffnen
Jüngere Klimageschichte
Die Klimageschichte zur Zeit der frühen Menschen
Betrachten wir jetzt die jüngere Klimageschichte, das heißt die letzten 1 Mio. Jahre - das ist etwa das letzte Drittel des aktuellen Eiszeitalters. In diesen Zeitraum fällt ein wichtiges Ereignis der europäischen Menschheitsgeschichte: Vor ca. 650.000 Jahren erschien der älteste bekannte Mitteleuropäer, Homo heidelbergensis, der Vorfahre des Neandertalers, der auf der Bildfläche.
Abb.: Temperaturverlauf der letzten 1 Mio. Jahre, Warmzeiten: Eem(E), Holstein(H), Kaltzeiten: Saale(Saale), Elster(E), Weichsel(W), Quelle: Schönwiese, C-.D. (2008) [2008Schönwiese]
Das Temperaturdiagramm nach Schönwiese (2008) [2008Schönwiese] zeigt auch in diesem Zeitabschnitt ein Auf und Ab der Temperatur. Kalt- und Warmzeiten wechseln in rascher Folge. Die Durchschnittstemperaturen liegen nur noch zwischen 15°C und 9°C. Gegenüber der Saurierzeit sind das 10°C weniger. Die jüngsten drei Warmzeiten sind im Diagramm als Holstein(H), Eem(E) sowie (heute) eingezeichnet, die jüngsten drei Kaltzeiten sind Elster(E)-, Saale(Saale) und Weichsel(W). Die Saale-Kaltzeit ist die längste jüngere Kälteperiode. Sie begann vor 325.000 Jahren und endete vor 125.000 Jahren. Sie war es, die Altenberge die Gletscher und die nordischen Geschiebe brachte.
Die Klimageschichte zur Zeit des "modernen" Menschen
Betrachten wir jetzt die jüngste Phase unserer Klimageschichte, das heißt die letzten 100.000 Jahre in der Abb. unten. Zur zeitlichen Einordnung: Da war der Neandertaler schon unterwegs.
Abb.: Temperaturverlauf der letzten 100.000 Jahre, Quelle: Schönwiese (2008) [2008Schönwiese]
Wir kommen aus der Eem-Warm-Zeit in die Weichsel-Kaltzeit. Seine letzte große Ausdehnung in Mitteleuropa erreichte das Eis vor rund 21.000 Jahren. Ganz Nordeuropa, England und auch Norddeutschland lagen unter Eis und Schnee. In der Abb. unten ist die Eisbedeckung der Landmassen in ihrer maximalen und minimalen, d. h. der jetzigen
Ausdehnung dargestellt.
Abb. links: Eis-Ausdehnung auf der Nordhalbkugel, Schwarz: Minimale (jetzige) Vereisung in der Warmzeit, Grau: Maximale Vereisung in der Kaltzeit
Abb. rechts: Eis-Ausdehnung auf der Südhalbkugel, Farben wir Abb. links Quelle: Wikipedia, Eiszeitalter (Stand 1.5.2014)
Nach der Weichsel-Kaltzeit begann das Eis sich zurückzuziehen, unterbrochen von einer kurzen ausgeprägten Kälteperiode (Jüngere Dryas), die ca. 1.000 Jahre dauerte. Dann stieg die Temperatur an und pendelte sich auf dem heutigen Niveau ein, wo sie seit etwa 11.600 Jahren mit kleinen Schwankungen (z. B. "Mittelalterliche Warmzeit" und die darauf folgende "Kleine Eiszeit") verharrt.
Klima und Erdgeschichte
...oder: Wie gehören Klimageschichte und Findlinge zusammen?
Die Herkunft der "Fernreisenden"
Die im Museum ausgestellten Minerale, Fossilien und Gesteine stammen zwar ausschließlich vom Altenberger Höhenrücken. Doch kommen zahlreiche Fundstücke, z. B. Granite, Quarzite, Porphyre, ursprünglich nicht von hier, sondern wurden von eiszeitlichen Gletschern aus Skandinavien in das Münsterland verfrachtet. Sie heißen deshalb eiszeitliche oder nordische Geschiebe. Die größeren unter ihnen kennen wir als Findlinge.
Klima und Klimaänderung
Die ausgestellten Gesteine sind während des vorletzten Abschnitts des jüngsten Eiszeitalters hierher verfrachtet worden. Wir leben noch in diesem Eiszeitalter. Es ist daher sinnvoll, zunächst die Eiszeit selbst und ihr Klima in einen erdgeschichtlichen Rahmen zu stellen. Diese Betrachtung erweitert auch den Horizont im Hinblick auf die aktuelle Klimadiskussion. Man kann die aktuelle Klimaänderung nur angemessen beurteilen auf dem Hintergrund der Klimaänderungen der Vergangenheit, und mit Vergangenheit ist ein längerer Zeitraum gemeint als die letzten 150 Jahre.
Was versteht man unter Eiszeit?
Von Eiszeitalter spricht man, wenn Nord- und Südpol eisbedeckt sind. Gab es in der Erdgeschichte denn eine Zeit, in der die Pole nicht eisbedeckt waren? Da liegt es nahe, an die Zeit zu denken, in der in Altenberge und „Umgebung“, im Ruhrgebiet, in China, in den USA die großen tropischen Sumpfwälder wuchsen, aus denen schließlich die Steinkohlelagerstätten entstanden. Das ist die Zeit des Karbons (vgl. Geologische Erdzeitalter), vor rund 300 Mio. Jahren. Aber auch das war ein Eiszeitalter! Doch die Gestalt der Kontinente und die Verteilung von Land und Wasser waren vollkommen anders. Der Globus sah ganz anders aus: Altenberge lag am Äquator und war von dieser Eiszeit nicht betroffen.
Abb.: Landmasse-Verteilung vor 306 Mio. Jahren, Quelle: Plate tectonic maps and Continental drift animations by C. R. Scotese, PALEOMAP Project (www.scotese.com)
Gab es überhaupt eine eisfreie Zeit?
In der Abb. unten ist die oberflächennahe Durchschnittstemperatur nach Schönwiese (2008) [2008Schönwiese] über den jüngsten erdgeschichtlichen Zeitraum von 1 Mrd. Jahre dargestellt. Die heutige Mitteltemperatur beträgt rund 15°C. Diese Durchschnittstemperatur war während der erdgeschichtlichen Vergangenheit aber ganz und gar nicht konstant, sondern bewegt sich in einem ständigen Auf und Ab.
Abb.: Temperaturverlauf während der letzten 1 Mrd. Jahre, Quelle: Schönwiese, C. D., S. 87 - 95 [2008Schönwiese]
Die permokarbonische Eiszeit vor rund 300 Mio. Jahren, die das obere Perm und das untere Karbon umfasst, ist in der Abb. gut als steiler und tiefer Einschnitt erkennbar. Von da an stieg die Temperatur steil an. Im ganzen Mesozoikum (vgl. Geologische Erdzeitalter), als z.B. die Dinosaurier lebten, war es viel wärmer als heute und die Erde war vollständig eisfrei.
Danach jedoch, beginnend vor 35 Mio. Jahren, ging die Temperatur deutlich zurück. Die Antarktis vereiste zuerst, und vor 2,6 Mio. Jahren war auch die Arktis wieder eisbedeckt und damit begann das jetzige Eiszeitalter.
Wir halten fest:
Die Temperaturen waren während der Erdgeschichte sehr variabel, die Schwankungsbreite war erheblich.
Regionale Klimageschichte
Erfahren Sie mehr über die Klimageschichte des Münsterlandes und des Altenberger Höhenrückens. Die Klimabroschüre des Museums hilft beim Einstieg in das Thema und enthält vertiefende Abschnitte die Physik und Klimaforschung.
Zum Thema „Das Klima - der Wandel und die Fragen“ bietet das Geo-Museum eine Broschüre von Prof. Dr. Herbert Kroll an, die sowohl als Download verfügbar, als auch in gedruckter Form kostenlos erhältlich ist (
Die Bohrung Münsterland 1
Geologische Erforschung des Münsterlandes
Moderne Zeiten brechen an: Die Erkundung der Geologie des Münsterlandes, einer bäuerlich geprägten Region.
Ausgehend von den Rohstoffvorkommen des Ruhrgebiets stellte sich zur Hochzeit des "Reviers" in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die Frage, inwieweit sich die Vorkommen an Kohle und Gas in Richtung Norden erstrecken. Diese Frage nach der Geologie und der Beschaffenheit der Lagerstätten verband Wissenschaftler wie Bergbau-Unternehmen. So wurde die Bohrung Münsterland 1 seinerzeit als tiefste Bohrung Europas abgetäuft, finanziert mit Mitteln der Industrie (acht Erdölgesellschaften) und des Landes NRW.
Eugen Zurholt erinnert sich: "Monatelang war der Bohrturm schon von weitem sichtbar."
Abb.: Bohrung Münsterland 1, Bohrgerüst mit 45 m Arbeitshöhe, Foto: Thiemeyer, Quelle Geologischer Dienst NRW, Original-Bild des GD NRW öffnen
Details zur Planung der Bohrung und zur eingesetzten Bohrtechnik finden Sie im Beitrag des Oberingenieurs Unger in [1963Hesemann] ab S. 365.
Lage der Bohrung zwischen Billerbeck und Altenberge, (Karte öffnen)
Abb.: Poster zur Bohrung Münsterland 1, 1 Karte, 1 Gebirgsprofil, 4 Abbildungen, Quelle: GD NRW, Poster in Originalgröße öffnen
Was liegt unter den Gesteinsschichten ab 2400 m Tiefe?
Schon in den 60er Jahren gab es Dutzende Bohrungen im nördlichen Ruhrgebiet, die der Erkundung des Kohlevorkommens dienten. Doch offen blieb die Frage, welche Rohstoffvorkommen liegen in den Formationen tiefer als 2400 m.
Vom tiefen Untergrund des Münsterlandes fehlte eine genaue Vorstellung, denn durch zahllose frühere Bohrungen zur Erkundung der Steinkohle und durch die nicht fündigen Explorationsbohrungen auf Erdöl und Erdgas waren bis Anfang der 1960er-Jahre nur die Gesteinsschichten bis knapp 2400 m Tiefe erschlossen worden. Die Bohrung Münsterland 1 sollte nun den Bereich der Steinkohle durchbohren und mögliche darunter liegende Mutter- und Speichergesteine für Erdöl und Erdgas erkunden. Um nicht unnötig tief bohren zu müssen, wurde eine Stelle gewählt von der man annahm, dass dort das Steinkohlendeckgebirge eine relativ geringe Mächtigkeit besitzt.
Tatsächlich bestätigte sich die Vermutung, dass sich die Flöze des Ruhr-Reviers nach Norden fortsetzen, wenn auch in geringerer Mächtigkeit (Dicke). So wurden in einer Tiefe zwischen 1853 m und 3678 m ca. 98 Kohle-Flöze angetroffen, vgl. [1963Kelch], S. 76, die aber nur eine geringe Mächtigkeit besitzen (max. 1,2 m), vgl. Übersichtstabelle in [1963Tunn], S. 128. Beeindruckend belegt die Dokumentation über die Münsterlandbohrung mit fossilen Muscheln aus fast 6000 Metern Tiefe, dass das Münsterland über lange Zeit ein flaches Meer war und durch die Ablagerungen aus Jahrmillionen nach unten gedrückt wurde.
Abb.: Fossile Brachiopoden (Armfüßer) im Devon-Kalkstein aus der Münsterland 1 Bohrung aus einer Tiefe von 5763 m, Alter: ca. 400 Mio. Jahre, Quelle: [1963Arnold], Bildtafel ab S. 347, Bild in Originalgröße öffnen
Im Poster finden Sie historische Aufnahmen der Bohrung und eine übersichtliche Darstellung des Bohrungsverlaufs durch ein Schichtpaket von fast 6000 m Dicke (siehe Poster GD NRW, linke Seite). Gut erkennbar ist auch, dass eine Bohrung über eine so große Tiefie nicht in einer geraden Linie senkrecht verläuft sondern auch seitlich wegwandert.
Schließlich führten technische Gründe (große Hitze in 6000 m Tiefe) und die mit der Tiefe extrem ansteigenden Kosten zum Abbruch der Bohrung.
Interessante Fakten aus der Veröffentlichung des Abschlußberichts [1963Andres]
Tiefenrekord
Die Bohrung Münsterland 1 wurde vom 10.7.1961 bis zum 5.12.1962 in der Bauerschaft Aulendorf (bei Billerbeck) durchgeführt und erreichte eine Endtiefe von 5956 m. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 9 Mio. DM (ca. 4,5 Mio. Euro).
Abmessungen des Bohrlochs
Der Bohrlochdurchmesser betrug 45 cm, vgl. [1963Kelch], S. 19. Der Bohrfortschritt betrug im den oberen weichen Gesteinsschichten ca. 5 Meter pro Stunde, vgl. [1963Arnold], S. 35.
Bohrkerne nur teilweise erschlossen
Aufgrund der großen Tiefe und der hohen Kosten entschied man sich, nur in geologisch interessanten Schichten einen Bohrkern zu gewinnen. Deshalb liegen von der gesamten Bohrung leider nur 318 Meter Bohrkerne vor (ca. 5% der Bohrung), vgl. [1963Richwien], S. 6.
Bestimmung des Schichtwachstums
Durch die geologische Altersbestimmung wurde das Schichtdickenwachstum bestimmt. In den oberen Schichten stellte man fest, dass die Sedimentationsgeschwindigkeit ca. 11 bis 12 cm pro 1000 Jahre beträgt, vgl. [1963Arnold], S. 43.
Die Grenzen der Technik
Bei der Endtiefe von 5956 m herrschte eine Temperatur von ca. 200 Grad Celsius, was viele Meßgeräte an die Grenze der Einsatzfähigkeit brachte. Neben den Kosten war dies einer der Hauptgründe, warum man die Bohrung nicht weiter fortsetzte.
Übrigens: Das tiefste Loch der Welt, das bisher in Gestein gebohrt wurde, wurde in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre in Windischeschenbach im Oberpfälzer Wald mit 9101 m Tiefe abgeteuft. - Soweit die Superlative. Aber immer noch ist die Münsterland-Bohrung die tiefste Bohrung in Nordrhein Westfalen.