Die Bohrung Münsterland 1

Geologische Erforschung des Münsterlandes

Moderne Zeiten brechen an: Die Erkundung der Geologie des Münsterlandes, einer bäuerlich geprägten Region.

Ausgehend von den Rohstoffvorkommen des Ruhrgebiets stellte sich zur Hochzeit des "Reviers" in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts die Frage, inwieweit sich die Vorkommen an Kohle und Gas in Richtung Norden erstrecken. Diese Frage nach der Geologie und der Beschaffenheit der Lagerstätten verband Wissenschaftler wie Bergbau-Unternehmen. So wurde die Bohrung Münsterland 1 seinerzeit als tiefste Bohrung Europas abgetäuft, finanziert mit Mitteln der Industrie (acht Erdölgesellschaften) und des Landes NRW.

 Eugen Zurholt erinnert sich: "Monatelang war der Bohrturm schon von weitem sichtbar."

Bohrturm, Bohrung Münsterland 1, Geologischer Dienst NRW
Abb.: Bohrung Münsterland 1, Bohrgerüst mit 45 m Arbeitshöhe, Foto: Thiemeyer, Quelle Geologischer Dienst NRW, Original-Bild des GD NRW öffnen

Details zur Planung der Bohrung und zur eingesetzten Bohrtechnik finden Sie im Beitrag des Oberingenieurs Unger in [1963Hesemann] ab S. 365.


Lage der Bohrung zwischen Billerbeck und Altenberge, (Karte öffnen)

 

 

 

Bohrung Münsterland, GD NRW

Abb.: Poster zur Bohrung Münsterland 1, 1 Karte, 1 Gebirgsprofil, 4 Abbildungen, Quelle: GD NRW, Poster in Originalgröße öffnen
 

Was liegt unter den Gesteinsschichten ab 2400 m Tiefe?

Schon in den 60er Jahren gab es Dutzende Bohrungen im nördlichen Ruhrgebiet, die der Erkundung des Kohlevorkommens dienten. Doch offen blieb die Frage, welche Rohstoffvorkommen liegen in den Formationen tiefer als 2400 m.

Vom tiefen Untergrund des Münsterlandes fehlte eine genaue Vorstellung, denn durch zahllose frühere Bohrungen zur Erkundung der Steinkohle und durch die nicht fündigen Explorationsbohrungen auf Erdöl und Erdgas waren bis Anfang der 1960er-Jahre nur die Gesteinsschichten bis knapp 2400 m Tiefe erschlossen worden. Die Bohrung Münsterland 1 sollte nun den Bereich der Steinkohle durchbohren und mögliche darunter liegende Mutter- und Speichergesteine für Erdöl und Erdgas erkunden. Um nicht unnötig tief bohren zu müssen, wurde eine Stelle gewählt von der man annahm, dass dort das Steinkohlendeckgebirge eine relativ geringe Mächtigkeit besitzt.

Tatsächlich bestätigte sich die Vermutung, dass sich die Flöze des Ruhr-Reviers nach Norden fortsetzen, wenn auch in geringerer Mächtigkeit (Dicke). So wurden in einer Tiefe zwischen 1853 m und 3678 m ca. 98 Kohle-Flöze angetroffen, vgl. [1963Kelch], S. 76, die aber nur eine geringe Mächtigkeit besitzen (max. 1,2 m), vgl. Übersichtstabelle in [1963Tunn], S. 128. Beeindruckend belegt die Dokumentation über die Münsterlandbohrung mit fossilen Muscheln aus fast 6000 Metern Tiefe, dass das Münsterland über lange Zeit ein flaches Meer war und durch die Ablagerungen aus Jahrmillionen nach unten gedrückt wurde.

 

Bohrung Münsterland, GD NRW

Abb.: Fossile Brachiopoden (Armfüßer) im Devon-Kalkstein aus der Münsterland 1 Bohrung aus einer Tiefe von 5763 m, Alter: ca. 400 Mio. Jahre, Quelle: [1963Arnold], Bildtafel ab S. 347, Bild in Originalgröße öffnen
 

Im Poster finden Sie historische Aufnahmen der Bohrung und eine übersichtliche Darstellung des Bohrungsverlaufs durch ein Schichtpaket von fast 6000 m Dicke (siehe Poster GD NRW, linke Seite). Gut erkennbar ist auch, dass eine Bohrung über eine so große Tiefie nicht in einer geraden Linie senkrecht verläuft sondern auch seitlich wegwandert.

Schließlich führten technische Gründe (große Hitze in 6000 m Tiefe) und die mit der Tiefe extrem ansteigenden Kosten zum Abbruch der Bohrung.

 

Interessante Fakten aus der Veröffentlichung des Abschlußberichts [1963Andres]

Tiefenrekord
Die Bohrung Münsterland 1 wurde vom 10.7.1961 bis zum 5.12.1962 in der Bauerschaft Aulendorf (bei Billerbeck) durchgeführt und erreichte eine Endtiefe von 5956 m. Die Kosten beliefen sich auf insgesamt 9 Mio. DM (ca. 4,5 Mio. Euro).

Abmessungen des Bohrlochs
Der Bohrlochdurchmesser betrug 45 cm, vgl. [1963Kelch], S. 19. Der Bohrfortschritt betrug im den oberen weichen Gesteinsschichten ca. 5 Meter pro Stunde, vgl. [1963Arnold], S. 35.

Bohrkerne nur teilweise erschlossen
Aufgrund der großen Tiefe und der hohen Kosten entschied man sich, nur in geologisch interessanten Schichten einen Bohrkern zu gewinnen. Deshalb liegen von der gesamten Bohrung leider nur 318 Meter Bohrkerne vor (ca. 5% der Bohrung), vgl. [1963Richwien], S. 6.

Bestimmung des Schichtwachstums
Durch die geologische Altersbestimmung wurde das Schichtdickenwachstum bestimmt. In den oberen Schichten stellte man fest, dass die Sedimentationsgeschwindigkeit ca. 11 bis 12 cm pro 1000 Jahre beträgt, vgl. [1963Arnold], S. 43.

Die Grenzen der Technik
Bei der Endtiefe von 5956 m herrschte eine Temperatur von ca. 200 Grad Celsius, was viele Meßgeräte an die Grenze der Einsatzfähigkeit brachte. Neben den Kosten war dies einer der Hauptgründe, warum man die Bohrung nicht weiter fortsetzte.

Übrigens: Das tiefste Loch der Welt, das bisher in Gestein gebohrt wurde, wurde in der ersten Hälfte der 1990er-Jahre in Windischeschenbach im Oberpfälzer Wald mit 9101 m Tiefe abgeteuft. - Soweit die Superlative. Aber immer noch ist die Münsterland-Bohrung die tiefste Bohrung in Nordrhein Westfalen.